"Oh, Battlesuit" Tourtagebuch 2011

15.9.// Köln // Lichtung

...the sand, running through your hands.

 

Nur halb so verklatscht wie wir es eigentlich verdient hätten waren wir am nächsten Tag relativ schnell wieder auf den Beinen und nach einer wohlverdienten Dusche traten wir den Weg nach Köln an – Tourabschluss. Abschluss. Klingt komisch. Klingt falsch.

In der Hauptstadt der Jecken angekommen, holten wir uns zunächst den Wohnungsschlüssel unserer Unterkunft für die letzte Tourneenacht ab und dengelten ein wenig am Rhein rum, bis wir gegen fünf in der Lichtung eingelassen wurden. Wir fühlten uns beim Aufbau so erschlagen wie noch nie auf dieser Tour, jedoch nicht weil wir körperlich schwächeln würden (wo kommen wir denn da hin?), sondern weil wir es nicht glauben konnten, dass es nun zu Ende sein sollte. Somit lag eine seltsam rührselige Stimmung über dem Soundcheck, die sich erst kurz vorm ersten Ton von Panama Picture ändern sollte. Dank Kölsch und guten Freunden, die vorbei gekommen waren. Ab da lief alles wie geölt! Mouth, die an diesem Abend eröffneten, ließen die beiden Lichtung-Michas aufgrund ihrer Lautstärke am Rande der Verzweiflung wandeln, Panama Picture waren bezaubernd wie immer (auch sie traten dem Dernieren-Blues in die Eier) und wir traten dem letzten von so vielen großartigen Konzerten mit einer gepflegten Kamikaze-Attitüde entgegen. Man stelle sich vor man bade in Bier, würde gleichzeitig umarmt und mit Honig eingerieben, während Dave Grohl mit einem Pizza essen geht. So oder so ungefähr fühlte sich die ¾ Stunde für uns an.

Danke an alle die da waren und das gemocht haben was auf der Bühne passierte. Danke auch an alle die das was sie hörten kacke fanden und trotzdem da gewesen sind. Danke an Panama Picture, eine der hervorragendsten Bands der Welt, danke an Searching For Sam, danke an Mouth, danke an Merch-Felix und Helga, danke an die Backhausens, danke an alle Uwes, Clubs, Zahni, alle die eine CD und/oder ein Shirt gekauft haben, Jelto, Seb, Jana, Einar, Schnäpse, Basti, Bier und wiesiealleheißen. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder, bleiben in Kontakt machen Dinge zusammen. Geil. Tour.

14.9. // Oberhausen // Druckluft

...not that you would care.

 

Vorletzter Halt der "Oh, Battlesuit"-Tour. Noch denkt niemand daran, dass die Sause bald zu Ende sein wird, aber es ist schon komisch nach drei Offdays im Château Backhaus mit viel zu viel Laissez Faire auf die Bühne zurückzukehren. Obwohl wir da ja eigentlich nie wieder runter wollten. Egal. Zunächst musste jedoch die Bartmode angepasst werden...

Dies war der Abend vor dem wir uns alle gefürchtet hatten: Es kamen ungefähr 12 Leute, von denen man kurz dachte sie seien während des Konzerts gegen Schaufensterpuppen ausgetauscht worden oder allesamt erfahrene steh-Schläfer. Als dann noch Tims Monitor anfing zu brennen war der Punkt endgültig überschritten, an dem man sich einfach nur wünscht es würde aufhören. Zorn gab uns den letzten Schubs hinein in den totalen Bühnenwahnsinn (zum Glück wurde niemand verletzt). Alsbald war klar: dieser Abend würde nicht nüchtern enden.

Der gute Einar, der sich den Abend um uns kümmerte, war der erste, der Opfer unserer Trinklaune wurde. Seine Gegenwehr war jedoch erfreulich halbherzig und somit ging es nach dem Abbau und einigem Geplanke relativ fix ins Hostel.

Ja, Hostel. Das Druckluft behandelte uns nämlich trotz der fehlenden Besucher wie echte Menschen, gab uns hervorragendes Essen und sorgte für einen Schlafplatz. Nach einigem Federweißer und ein paar dämlichen Versuchen irgendwelche Sendetürme zu erklimmen, versuchten wir relativ erfolglos niemandem im Hostel aufzuwecken.

Und somit war der Abend dennoch eine riesen Sause. Danke Einar - ich hoff wir sehen uns wieder!

Ein Idyll.
Ein Idyll.

10.9.// Großefehn // Schlappohr's Kneipe

Luminous at night, guiding me home

 

Als wir Marcel, dem Besitzer des Schlappohrs, die Hand schüttelten, kam mir das Gesicht gleich bekannt vor. Als ich darüber nachdachte wie und wo einen die Vergangenheit wohl überall einholt fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren – Marcel hat mal in Remels, nicht weit von meiner Heimatstadt im Ammerland entfernt, beim Musikhaus Böke gearbeitet, und zwar in der Gitarrenabteilung. Von ihm lernte ich das komplette Musikalienverkäufer-Vokabular von „ordentlich in die Sättigung drehen“ über „für DEN Preis, is geil!“ bis hin zu „Macht'n ordentliches Fass auf“. Nu hat er ne Kneipe in Großefehn und somit den einzigen Ort in dem verträumten Dörfelein, den man besuchen kann wenn man gute Musik hören will während man in lauschiger, langhaariger Gesellschaft versacken möchte. Und da wollten wir doch gerne mit einstimmen!

Für mich war es eines der besten Konzerte dieser Tour! Aus der „okay, nur 20 Leute da – scheißegal“-Stimmung wurde schnell das bestbesuchte Konzert dieser Tour. Von Marcel bekamen wir nach der Sause kaum noch was mit, da er viel zu sehr beschäftigt war, Leute mit Schnaps zu versorgen (uns unter anderem mit Gehirnzellenmassaker, Top 2 der geilsten Schnäpse der Tour) und wir neun (plus Leute die wir kennengelernt hatten) ließen die Nacht beim Panoramaanblick eines Mördergewitters, welches plötzlich über Großefehn tobte, ausklingen.

Der Rockpalast. Sieht von außen nur ein viertel so spektakulär aus wie sein Besitzer.
Der Rockpalast. Sieht von außen nur ein viertel so spektakulär aus wie sein Besitzer.

9.9.// Meppen // Rockpalast

I have been a secret fan of you

 

Wir checkten für einen Offday bei den Bachkausens ein, den Eltern von Nele, ihres Zeichens Bassfee der Panamas. Das uns hier das Eldorado, das Valhalla, das Disneyland des guten Geschmackes entgegenschlagen würde hätten wir allerdings nicht erwartet. Wir haben das Anwesen liebevoll die Wie-geil-wäre-es-wenn-Burg genannt, denn immer wenn man denkt „Wie geil wäre es bitte, wenn es diesunddas gäbe...“, ist ebendiese Annehmlichkeit nur einen Schalter, eine Schublade oder einen Verschlag weit entfernt. Baumhaus, Sauna, Gartensee und Salzwasserschwimmbecken mit Gegenschwimmdüse sind nur einige Stichwörter.

Nachdem uns also viel zu viele Annehmlichkeiten zuteil geworden sind, die Hobo-Bands wie wir auf Tour eigentlich nicht verdient hätten, machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg zum Rockpalast. Der Laden, den wir durch einen Apfelbaumgarten anfuhren, ist nur halb so legendär wie sein Besitzer George. George, alias Lord Cammy, ist eine Reggae/Soul-Koryphäe und gehört zum Rockpalast wie der Hund aufs Sofa. Hier würden wir am Abend die wohl wackeligste Bühne der nördlichen Hemisphäre bespielen (wir verstärkten selbst noch ein wenig mit Gaffa), zusammen natürlich mit Panama Picture (Heimspiel für Nele) und Searching For Sam, die geilerweise eine PA anschleppten (dicke Props!), die gibts im Rockpalast nämlich nicht serienmäßig.

Wir schafften es irgendwie die Mepper (Meppener? Moppen?) Jugend in den Rockpalast zu locken (wir versprachen Schokolade) und der Laden köchelte sehr bald fein vor sich hin. Das Beste sollte allerdings erst kommen als die Türen ohne Eintritt geöffnet wurden. Es war als ob jemand einen Käfig voller Freaks vor dem Laden geöffnet hatte, der kurz zuvor erst in ein Vodkabad getunkt wurde. Großartige Gespräche (wenn man sie denn so nennen konnte), jede Menge seltsamer Schnaps, und Dance-Action from outer Space. Twiligt Zone deluxe mitten in Meppen. Geil.

7.9.// Bremen // Meisenfrei

I don't know where I've been

 

Die Frage, die von Anfang an herrschte war: Warum, obwohl wir nur ne Stunde von Bremen entfernt wohnen, waren wir noch nie im Bremer Meisenfrei? Supergeiler Laden, man bekommt Bier immer gleich in halben Litern vorgesetzt, große Bühne, 1A Sound und nette Menschen. Alles stimmte, der Laden war gut gefüllt (obwohl ja so gut wie niemand wusste was auf ihn zukam), der Hut für die Bands wurde gern bedacht und es befanden sich viele Musikliebhaber unter den Gästen, mit denen man hervorragend schnacken konnte. Da wir ja bereits in Berlin unser Æ-Backdrop vergessen hatten, musste seit SALZwedel unser Lieblings-GIF auf Lars' Rechner als Hintergrundanimation herhalten. Auch schön.

Auch hier ließ man den Abend mit der Traube Freunde ausklingen, die sich zusammengefunden hatte bis man vor die Tür gefegt wurde. Dem heiligen Triumvirat Döner – Absackerwein – Klönen bis die Sonne aufgeht wurde bei unserem Kumpel Basti ausgiebig gehuldigt, der nicht nur ein Platz auf seinem Wohnzimmerfußboden/couch (oder in Tims Fall sogar – im eigenen Doppelbett) für uns parat hatte, sondern uns am nächsten Morgen auch noch das derbste Frühstück seit Menschengedenken vorzauberte. Wir sollten der Tour den Namen „People-Without-Whom-Life-Would-Suck-Cock“-Tour geben.

Bald gehts wieder auf die Piste...
Bald gehts wieder auf die Piste...

5.9.// Hamburg // Astra Stube

I am here because I wanna

 

Der Offday nach der Salzwedel-Sause war entspannt, aber seltsam. Lieber spielen. Nagut, abgammeln. Montag is ja auch wieder. Da dürfen wir wieder. Und so kam es: Alle lieben Menschen waren da, die Leute der Astra Stube waren mal wieder fantastisch, es war höllenheiß und eine riesen Feier. Panama-Jannes trommelte bei Tramps mit und wir sangen uns bei Panamas Goldfisch die Kehle aus dem Leib. Der Abend verging wie im Flug, wir verkauften ne Menge CDs (eignen sich besonders gut als Untersetzer) und Shirts (kann man gut zum Schlafen anziehen) und stellten mal wieder fest wie gesegnet wir sind, so viele spitzen Menschen kennen zu dürfen.

Am nächsten Tag war dann wieder den-Offday-Blues-durch-schlafen-ersticken angesagt...

Bernd Zahn - Ohne Typen wie ihn könnten Bands wie wir einpacken.
Bernd Zahn - Ohne Typen wie ihn könnten Bands wie wir einpacken.

3.9.// SALZwedel // Crazy World

Visitors that couldn't come today

 

Es war schon ein bisschen wie nach Hause kommen als wir in Salzwedel einfuhren. Nach einer wunderbaren Fahrt durch das wunderschöne Chemnitzer Umland waren wir am Abend in das Crazy World SALZwedel geladen. Ganz wichtig: SALZwedel. Betonung auf dem „Salz“. Sonst wird man mit Zahnprotesen und uralten Plätzchen von der Bühne gebottlet.

Nachdem wir noch Zeit hatten Baumkuchen zu mampfen und in dem SALZwedeler Schlossgarten abzuhängen hieß uns Uwe (irgendwie heißen alle Wirte bisher Uwe) in seiner gewohnt pragmatischen Art willkommen, es gab das erste Pils und dann wurde aufgebaut. Der Laden platzte zunächst wieder aus allen Nähten vor Equipment und ich habe keine Ahnung wie wir das ganze auf die 3qm-Bühne bekommen sollten, aber trotzdem hat es mal wieder gepasst. Hat sicherlich mit der Raum/Zeit-Divergenz zu tun die in diesem Laden herrscht, jedenfalls ist Uwe ein 1A Frank Zappa Lookalike und die meisten Besucher an diesem Abend waren über 50, haben dennoch gefeiert als würde das Abi erst nächstes Jahr anstehen. Nachdem Uwe spontan nen Grill vor den Laden rollte und exzellentes Abendessen kredenzte ging es auf die Bühne. Dann wieder die Schweiß-, Sabber- und Durchdreh-Nummer und hinterher waren alle glücklich. Uwe lud uns schon für „wann ihr wollt!“ wieder ein, unser Kumpel Zahni machte ein paar Fotos und blieb viel länger als er wollte (Bier war im Spiel) und zuguterletzt schlugen wir uns die laue Sommernacht hinter dem Crazy World um die Ohren. Thorsten, Lars, Matze und Merch-Felix traten dann berufsbedingt bereits die Heimreise gen Hamburg an, während die Panamas Tim in die Geheimnisse des modernen Tourens einweihten und ihm die Wunder elektrisch aufblasbarer Luftmatratzen aufzeigten. Schüss, SALZwedel – morgen geht’s nach HHause.

2.9.// Chemnitz // Subway To Peter

Up on a high again

 

Als wir von Berlin aufbrachen wussten wir noch nicht, dass wir zu fünft im Matzemobil reisen, denn ein gewisser Herr Murphy war ebenfalls mit eingestiegen und seine Gesetze fanden Bestätigung darin, dass wir am gefühlt scheinbar einzigen Sommertag in einem Auto sitzen, anstatt uns von Badeseewasser die Hoden und von Bier die Kehle umspülen zu lassen. Nichtsdestotrotz bekamen wir etwas Zeit das Licht des Himmelsfeuerballs zu konsumieren als wir vor dem Subway To Peter warteten. 21 Uhr sollte laut unserer Informationen die Show losgehen, um sieben kam Uwe um die Ecke, der uns nicht nur aufschloss, sondern uns nach dem Soundcheck auch noch obermuftimäßig bekochte.

Das Subway To Peter ist mehr so ein Weinkeller eines Punkrock-Klosters und unsere Backline (für Nicht-Musikanten: das sind die Gerätschaften, die nachher so schön Krach machen) nahm 1/3 des Ladens ein. Trotz wenig PA und viel nackter Wand klang alles wunderbar, Menschen füllten pünktlich den Laden, Panama Picture spielten als erstes (waren diesmal zu spät am Venue, da ein Streit zwischen ihnen und ihrem Navi zu ihren Ungunsten ausfiel), wir durften danach. Fenster zu, Nachbarn beschweren sich. 100° Celsius, nur einmal den Kopf fies am Kellergewölbe gestoßen, Schweiß, tanzende Menschen, Bier. Das Subway To Peter ließ einen Hut rumgehen anstatt Eintritt am Eingang zu nehmen, und laut dem Sammelergebnis gab es Menschen die das mochten was dort passierte. Oder sie wollten dass wir aufhören. Wir jedenfalls fühlten (und fühlen) uns noch epischer als am Abend zuvor, tranken mit lustigen Menschen, lagen uns in den Armen mit alten besoffenen Chemnitzern, lieben Uwe heiß und innig und ließen das ganze Bimbamborium unter dem Sommersternenhimmel im Park um die Ecke ausklingen, bevor wir im Schlafbunker vor Ort eingemauert wurden.

1.9.// Berlin // Schokoladen

This is the Day we've all been waiting for...

 

SELBSTVERSTÄNDLICH sind wir mit Verspätung aus Hamburg abgereist. Panama Picture haben ne halbe Stunde Vorsprung richtung Berlin. Gar kein Problem, jedenfalls nicht für den Super Pursuit-Mode des Matzemobils. Leider ist ebendieser kurz vor der Tour ausgefallen und wurde durch ein Skelett am Rückspiegel ausgetauscht, der beim Ziehen an einer Kordel mit den Zähnen klappert. Auch gut.

Panama Picture haben somit das Rennen zum Berliner Schokoladen gewonnen, was bedeutet, dass wir wohl heute als erstes spielen. Gerechtigkeit muss sein.

Im Schokoladen ist der Besucherraum genau so groß wie die Bühne und man fühlt sich sofort zuhause. Wir konnten Matze nur mit Mühe und Not daran hindern sich bis auf die Unterhose auszuziehen. Fürs erste. Während Panama Picture einen Soundcheck der Sonderklasse hinlegten gaben wir der netten Natalye von Berlin Beat ein Interview, bei dem wir sogar gar nicht so viel Bullshit geredet haben wie normalerweise. Trotzdem gaben wir Ihr den Rat einfach einzelne Wörter von uns auszuschneiden und in ihrem Sinne wieder zusammenzufügen – nur zur Sicherheit.

Alles klar, Soundcheck, Pizza essen, sich mit netten Schokoladen-Menschen unterhalten, die leider im Moment um ihre Existenz bangen müssen, da irgendwelche neu zugezogenen Anwohner-Yuppies sie dort nach 20 jährigem Bestehen nicht mehr haben wollen. Lärmbelästigung und so. Lärmbelästigung deine Mudder, Schwanzlurch.

Alles was folgt kann man als den besten Tourauftakt bezeichnen, den wo gibt. Lecker Sound, überraschend viel Leute, alte Freunde und jede Menge neue Gesichter. Verausgabung galore, Panama Picture engelsgleich, Andi vom Schokoladen = Hans im Glück, alles geil!

Der Abend geht in großer Runde zu Ende und in Alkohol unter. Alles richtig gemacht!

Morgen: Chemnitz // Subway To Peter